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Mauersegler Biologie
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Mauersegler (Apus apus L.)

Namen und Historie

Der Mauersegler ist eine Vogelart aus der Familie der Apodidae. Trotz der großen Ähnlichkeit mit den Schwalben ist er mit diesen nicht verwandt. Hier eine Hörprobe von fliegenden Mauerseglern

Heutige Bezeichnungen: wissenschaftlich - Apus apus, russisch - Церный Стриж, englisch - Eurasian oder Common Swift, französisch - Martinet Noir, polnisch - Jerzyk (Zwyczajny), tschechisch - Rorýs obecný, italienisch - Rondone, niederländisch - Gierzwaluw (Gierschwalbe / gier = schrilles Schreien), griechisch - Απoνς apous (ohne Füße).
Mittelalterliche Namen: Spyr, Spyrschwalb, Gerschwalb, Geyerschwalb.

Den antiken Schriftstellern Aristoteles, Plinius und Turnerus war der Mauersegler gut bekannt. Aristoteles schreibt, dass er "allzeit im Jahr" zu sehen sei. Plinius fiel auf, dass er stets fliegt, und Turnerus erwähnte, dass er höher als die Schwalben fliegt und nie auf Bäumen sitzt. Da Mauersegler den größten Teil ihres Lebens fliegend verbringen, glaubte man in der Antike auch, dass die Vögel keine Füße hätten. Carl von Linné konservierte diese Vorstellung und benannte den Mauersegler in der wissenschaftlichen Nomenklatur Apus apus - den Fußlosen.

Über die Biologie des Mauerseglers, seine Gefährdung und Möglichkeiten des Artenschutzes und der Handaufzucht ist sehr viel veröffentlicht und auch im Internet verfügbar.
Demzufolge werden nachfolgend einige interessante Details aus dem Leben der Tiere vorgestellt.

Lebensraum und Zugverhalten

Der Mauersegler ist in Europa und auch in Mitteleuropa unregelmäßig anzutreffen und konzentriert sich besonders häufig in größeren Siedlungen und in Ballungsräumen. Die Art kommt von den britischen Inseln bis zur europäischen bzw. nordwestafrikanischen Atlantikküste vor. Im Norden stellenweise bis Lappland und an den Baikalsee. In einigen Teilen des Balkans fehlt die Art völlig. In Teilen Dänemarks existieren nur spärliche Vorkommen, in Ungarn fehlt er weitgehend. Auf den größeren Nordseeinseln brüten Mauersegler nur ausnahmsweise. In den Mittelgebirgen (z.B. Harz) endet das Brutvorkommen bereits zwischen 600 bis 700 m Höhe.

Der Mauersegler war ursprünglich ein Fels- und Baumbrüter - ist heute "Kulturfolger" (der die Bauwerke des Menschen zum Nisten nutzt). Als Nistplätze werden in Großstädten hohe Steinbauten bevorzugt, so z. B. die Stadtzentren (Hochhäuser), historische Bauten (Wasser- und Kirchtürme), Industrie- und Hafenanlagen. In Kleinstädten werden dagegen bevorzugt Burgen und Kirchen genutzt. Seltener werden natürliche Felswände ausgewählt. Im nordöstlichen Harz gibt es eine Population von Baumhöhlenbrütern mit ca. 400 bis 500 Brutpaaren. In früheren Jahren waren mehrere kleinere Baumbrüterkolonien in Deutschland bekannt. Alle verschwanden im Zuge von forstwirtschaftlichen Maßnahmen.

Der Mauersegler verbringt nahezu sein gesamtes Leben in der Luft. Er ist aufgrund seiner aerodynamischen Form so hervorragend an das Fliegen angepasst, dass er sich mit denkbar geringem Energieaufwand segelnd fortbewegen kann. Dies befähigt ihn dazu, sich nicht am Boden ausruhen zu müssen. Alle erforderlichen Lebensverrichtungen, wie Fressen, Trinken, Schlafen, Balzen und Kopulieren, werden überwiegend während des Fluges vollzogen.
Die Begattungen im Flug zeigen wie gewandt Mauersegler im Flug sind. Das Weibchen fliegt ruhig dahin und beginnt mit den Flügeln zu vibrieren. Das dahinter fliegende Männchen fliegt schneller und lässt sich von oben auf das Weibchen nieder und verkrallt sich in das Rückengefieder des Weibchens. Meist werden während der Kopula die Flügel still gehalten, es können aber auch beide Partner mit vibrierenden Flügeln die Kopula vollziehen. Hierbei verlieren sie an Geschwindigkeit und Höhe, aber kurz über dem Boden fangen sie sich ab.
Lediglich in der Zeit des Brütens und der Jungenaufzucht werden die langdauernden Flugphasen unterbrochen. Dann übernachten die Altvögel an den Nistplätzen.
Der Glaube, ein am Boden gelandeter Mauersegler könne nicht aus eigener Kraft starten, ist unzutreffend, zumindest hinsichtlich eines gesunden und erwachsenen Exemplars mit voll ausgewachsenen Flügeln. Allerdings landet ein Mauersegler niemals freiwillig am Boden.

Im Frühjahr kehren die ersten Vögel pünktlich Ende April bzw. um den ersten Mai herum zurück und besetzen sofort ihre angestammte Nisthöhle. Die Jungen bleiben ihrem Geburtsort ebenfalls treu. Der Abflug in die Winterquartiere beginnt in Mitteleuropa bereits Mitte Juli / Anfang August. Erfolglose Brutvögel, Einjährige, Jungvögel und verpaarte Männchen wandern als Erste ab - sie bummeln ins Winterquartier. Einzelne Weibchen (durch Anlegen von Fettreserven nach der Brut), Spätbrüter und Jungvögel verzögern den Wegzug allerdings bis Ende Oktober / Anfang November. Auch Beobachtungen Ende November / Anfang Dezember sind bekannt - diese "hetzen" über Europa hinweg, meist in großen Höhen, so dass man solche Nachzügler kaum noch zu Gesicht bekommt. Die Jungvögel finden ihren Weg ganz allein und ziehen unabhängig von ihren Eltern. Vom Moment ihres Ausfliegens an sind sie völlig selbständig.

Ein festes Winterquartier über/ auf dem afrikanischen Kontinent (Äquatorial- und Südafrika) suchen sie nicht auf, sondern folgen in der Luft stets den günstigsten Witterungs- und Nahrungsverhältnissen. Sie streifen weit umher und bleiben wahrscheinlich ständig in der Luft.

Die vom Mauersegler erreichten Geschwindigkeiten belaufen sich bei den Flugspielen auf mehr als 160 km/h, beim Kraftflug auf bis zu 78 km/h und im Gleitflug auf bis zu 39 km/h. Auch große Entfernungen legt er leicht zurück, so wurden 1.410 km in 4 Tagen nachgewiesen.

Warum sitzen Mauersegler in Afrika nicht rum und ruhen aus?

Mauersegler berühren während ihrer neunmonatigen Afrikatour vermutlich niemals festen Untergrund. Das scheint unglaublich und ist keine sinnlose Kuriosität, um staunende Menschen damit zu verblüffen.

Eine Hypothese (nach Erich Kaiser) könnte folgende sein:
In Afrika gibt es etwa 20 einheimische Seglerarten. Sie bewohnen die unterschiedlichsten Lebensräume, und ihre Populationsdichte wird entweder durch Nahrungsangebot oder durch die Zahl der verfügbaren Nist- oder Schlafplätze begrenzt. Wenn die europäischen Mauersegler in ihr Winterquartier ziehen, müssen sie sich diese Ressourcen mit den afrikanischen Seglern teilen. Dank der Fähigkeit der Luftübernachtung werden dem Mauersegler riesige Gebiete regelrecht "reserviert"!

Die Steppen- und Savannengebiete des südlichen Afrikas bieten "normalen" Seglerarten kaum Schlafplätze, geschweige denn Nistplätze, da Felsformationen und höhere Bäume weitgehend fehlen. Diese Gebiete sind den größten Teil des Jahres zu trocken und zu arm an Insekten, um für Segler attraktiv zu sein. Lediglich während der kurzen Regenzeit gibt es dann eine unglaubliche Insektenschwemme, und der Mauersegler, der "sein Bett" immer dabei hat, findet hier ein regelrechtes Schlaraffenland, frei jeglicher interspezifischen Konkurrenz!

Diese Regenzeit wandert jeweils mit dem höchsten Sonnenstand als Innertropische Konvergenzzone (englisch abgekürzt ITCZ). So gesehen haben unsere Mauersegler keine stationären Überwinterungsgebiete. Ihr "Winterquartier" ist jeweils das Gebiet der ITCZ. Mit diesem wandernden Überflussgebiet pendeln sie bis zum südlichen Wendekreis und zurück. Wenn die ITCZ dann die Sahara erreicht und unwirksam wird, verlassen sie Afrika und ziehen in ihre europäischen Brutgebiete.

Mauersegler weisen in Europa eine große Individuenzahl auf. Sie können dank ihrer Luftübernachtung in Afrika in fast beliebiger Zahl problemlos überwintern. Deshalb waren sie als einzige Seglerart wohl in der Lage, den riesigen Raum nördlich der Alpen zu besiedeln, als menschliche Bauten ihnen dort neue Nistmöglichkeiten erschlossen.

Wie schlafen Mauersegler?

Mit Radargeräten wurden die nächtlichen Flüge der eleganten Segler beobachtet und ihre Flugrichtung relativ zum Wind bestimmt. Die Vögel fliegen schräg zum Wind und wechseln dabei in einem harmonischen Rhythmus von einer bis zu sechzehn Minuten die Richtung, so dass sie sich wie ein Pendel über ihrem Revier hin- und herbewegen. Bei starkem Wind richteten sie sich in flachem Winkel gegen die Windrichtung aus, behielten jedoch ihren Rhythmus bei. Bei sehr schwachem Wind hingegen stellten die Vögel ihre Flugtechnik komplett um und flogen schlafend im Kreis. (Quelle: Johan Bäckman und Thomas Alerstam von der Universität Lund, Journal of Experimental Biology Ausg. 205, S. 905)

Was machen Mauersegler bei kaltem lang anhaltenden Regenwetter?

Der gefährlichste Feind dieser Hochleistungsflieger ist nasskaltes, windiges Wetter, weil dann die Insekten, die sie im Fluge erjagen, ausbleiben. Vor allem noch nicht geschlechtsreife Mauersegler unternehmen in großen Schwärmen weite Wanderungen, bis sie auf gutes Wetter stoßen. Dabei können die Vögel in Gebieten erscheinen, wo sie sonst nicht vorkommen. Auf ihren Wanderungen werden einige Mauersegler weit in den Norden verschlagen. So wurden einzelne Exemplare auf Island, bei Spitzbergen und Nowaja-Semlja, bei Murmansk sowie in Nordsibirien gesichtet.

Nestlinge können bei anhaltendem Futtermangel oder Ausbleiben der Altvögel in die so genannte Torpidität (lat. torpidus = betäubt) verfallen und auf diese Weise mehrtägige Schlechtwetterperioden überdauern. Die Jungvögel können dann ihre Atemfrequenz und ihre Körpertemperatur auf ein Minimum (1 - 5°C über der Umgebungstemperatur) senken. Am Morgen oder bei Erwärmung der Umgebung steigt die Körpertemperatur wieder auf 37°C (normal bis 39°C) an. Um ihre zum Überleben unbedingt notwendige unterste Körpertemperatur (20°C) während der Starre aufrecht zu erhalten, verbrennen sie Körperfett und Muskelmasse. Mit zunehmender Dauer der Kälteperiode wächst die tägliche Länge des Starrezustandes. Hält der Zustand an (höchstens ein bis zwei Wochen) und das Körpergewicht der Jungvögel sinkt unter 20 g, dann kommt meist jede Wetterbesserung und Fütterung durch die Altvögel zu spät.
Altvögel halten diesen durch Kälte und Nahrungsmangel ausgelösten Starrezustand nur 3 bis 4 Tage aus, dann verhungern sie. Dabei darf die kritische Körpertemperatur von 36°C nicht unterschritten werden.

Quellen

http://www.mauersegler.com, letzter Zugriff 30.8.2006 17:46 Uhr
Erich Kaiser in http://www.mauersegler.com
www.nabu-heinsberg.de, letzter Zugriff 30.8.2006 17:59 Uhr
Bezzel, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Singvögel. Wiesbaden.
Johan Bäckman und Thomas Alerstam von der Universität Lund, Journal of Experimental Biology Ausg. 205, S. 905

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Textliche Bearbeitung von Ulrich Klausnitzer © 2008-2009, 2011