Biomasseanbau für eine energetische Nutzung ist mittlerweile aus der landwirtschaftlichen Praxis nicht mehr wegzudenken und bereits eine feste Kalkulationsgröße für die Bewirtschafter geworden.
Konflikte sind vorprogrammiert: Einersteits besteht erhöhter Nutzungsdruck auf bisher nicht so intensiv bewirtschaftete Flächen. Andererseits steigt die Bewirtschaftungsintensität, kommen ggf. genveränderte Pflanzen zum Anbau, wird die Kulturpflanzenvielfalt eingeschränkt und/oder die Landschaft wird verbaut.
Mit all dem gehen Einflüsse auch auf jeweils angrenzende oder benachbarte Offenland-, Wald- oder Gewässerlebensräume einher.
Die Diskussion um den Verlust an inländischer Fläche für eine Nahrungs-/Futtermittelproduktion - den Import dieser Güter - die ethische Verantwortung dafür - ist längst entbrannt.
Ein Anspruch auf den Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen besteht nach dem "Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz/EEG)" für nachwachsende Rohstoffe und Gülle. Einen überblick gibt nachfolgende Zusammenstellung, Details enthält die aktuelle Gesetzfassung sowie entsprechende Durchführungsverordnungen.
nachwachsende Rohstoffe sind insbesondere (Positivliste):
- Aufwuchs von Wiesen und Weiden als Ganzpflanzen in Form von Grüngut, Trockengut und Silage
- Ackerfutterpflanzen einschließlich als Ganzpflanzen geerntetes Getreide, Ölsaaten und Leguminosen als Grüngut, Trockengut und Silage
- nicht aufbereitete Gemüse-, Heil- und Gewürzpflanzen, Schnittblumen
- Körner, Samen, Corn-Cob-Mix, Knollen, Rüben einschließlich Zucker- und Masserüben, Obst, Gemüse, Kartoffelkraut, Rübenblätter, Stroh als Grüngut, Trockengut und Silage
- Rapsöl, Sonnenblumenöl, Palmöl und Sojaöl, jeweils raffiniert und unraffiniert
- das bei der Durchforstung und bei der Stammholzernte in forstwirtschaftlichen Betrieben anfallende Waldrestholz, Rinde und Holz aus Kurzumtriebsplantagen
- Pflanzen oder Pflanzenbestandteile, die im Rahmen der Landschaftspflege anfallen
- weitere rein pflanzliche Nebenprodukte
- Kot und Harn einschließlich Einstreu von Nutztieren und Pferden sowie Futterreste, die im landwirtschaftlichen Betrieb anfallen
nicht als nachwachsende Rohstoffe gelten (Negativliste):
- aussortiertes Gemüse, aussortierte Kartoffeln, aussortierte Heil- und Gewürzpflanzen sowie aussortierte Schnittblumen
- Getreideabputz, Rübenkleinteile, Rübenschnitzel als Nebenprodukt der Zuckerproduktion
- Gemüseabputz, Kartoffelschalen, Pülpe, Treber, Trester, Presskuchen und Extraktionsschrote aus der Pflanzenölherstellung
- Glycerin aus der Verarbeitung von Pflanzenölen
- Pflanzenöle, die als Abfall anfallen
- Bioethanol und Schlempe aus der Herstellung von Bioethanol
- Säge- und Hobelspäne
- Bioabfälle im Sinne der Bioabfallverordnung mit Ausnahme von Tierfäkalien und Abfällen aus der Forstwirtschaft sowie der Landschaftspflege
- Kot und Harn von Heimtieren mit Ausnahme von Pferden
In Deutschland verschärfen sich regional Nutzungs- und auch Naturschutzkonflikte bzgl. der Ausweitung der Anbauflächen von Energiepflanzen zusehends. Die Frage nach "Spielregeln" für ein naturverträgliches Maß des Biomasseanbaus wurde durch vorliegende Studie exemplarisch für fünf deutsche Modellregionen analysiert. Betriebswirtschaftliche Detailuntersuchungen für Betriebe mit Biogasanlagen beleuchten die Effekte förderpolitischer Maßnahmen. Einflüsse auf die Biodiversität werden am Beispiel der Feldlerche (Alauda arvensis) abgebildet.
Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit der Einführung eines Nawaro-Bonus (Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen) hat Veränderungen in der landwirtschaftlichen Bodennutzung ausgelöst. Die Produktion von Bioenergie konzentriert sich besonders auf Grund unterschiedlicher agrarstruktureller und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen auf einzelne Regionen und hat dort jedoch in besonderem Maße zur Verschärfung von meist schon bestehenden Naturschutzproblemen beigetragen.
Bezüglich der Regulierung der aufgezeigten Konflikte durch neue "Spielregeln" zeigt sich, dass zusätzliche normative Anbaustandards bundesweit nur schwer umsetzbar sind. Konkrete Handlungsoptionen für die mittel- und kurzfristige Umsetzung werden benannt, eine aus Naturschutzessicht neue Ausrichtung der Förderpolitik erscheint jedoch zum jetzigen Zeitpunkt kaum durchsetzungsfähig. (1)
Es bleibt zu hoffen, dass behördliche Entscheidungsträger und Bewirtschafter ein sinnvolles Maß des Biomasseanbaus finden. Das bisher nicht populäre Energiesparen könnte den Druck der Nachfrage an Energie und Fläche reduzieren. Hierzu ist jedoch ein Umdenken - besonders in energieintensiven Bereichen der Industrie und des Handels - nötig!
Dipl.-Agraring. Ulrich Klausnitzer
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ISBN 978-3-7843-4006-7
Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg 2010, 198 Seiten
Preis 18,00 EUR (mglw. zzgl. Versandkosten)
(1)
Textbausteine aus der Ankündigung des BfN-Schriftenvertrieb sind integriert.
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